Wann fallen die Haare bei PEB-Chemotherapie aus? Wann wachsen sie wieder nach? Ein Erfahrungsbericht eines Hodenkrebspatienten

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Ich habe meinen Krebsblog in zwei Bereiche aufgeteilt:

In diesem Beitrag möchte ich ein haariges Thema ansprechen: Haarausfall während der Chemotherapie.

Die Chemoglatze ist ein sehr sichtbares und emotionales Thema. Konkret spreche ich über den Haarausfall bei männlichen Hodenkrebs-Patienten, die eine PEB-Chemotherapie erhalten. Viele Aspekte gelten aber für alle Krebsarten.

Warum fallen die Haare bei einer Chemotherapie aus?

In der Chemotherapie werden Zellgifte verwendet, sogenannte Zytostatika. Sie greifen schnell wachsende Zellen an. Haarwurzelzellen und Hautzellen gehören zu diesen schnell wachsenden Zellen. Die Haare wachsen 3 Millimeter pro Tag und 80% alle Haarwurzelzelle teilen sich permanent.

Die anderen Körperhaare (Augenbrauen, Brusthaare, Schamhaare) wachsen langsamer. Daher fallen diese Haare nur bei sehr intensiven oder langen Chemotherapien komplett aus. Alle Haare wachsen in dieser Phase aber nicht nach oder werden sehr dünn. Wenn ihr euren Bart also abschneidet, bleibt das Kinn leer.

Wie eben erwähnt, kommt es immer auf die Länge und Art der Chemotherapie an. Bei Hodenkrebs wird oft das PEB-Schema verwendet. Hier sind Cisplatin und Bleomycin enthalten. Beide Zytostatika führen zu Haarausfall.

Während der PEB-Chemo wachsen die Haare nicht mehr nach. Bei anderen Chemotherapien kann das anders sein. Bei Brustkrebs Chemo-Schemata mit Doxorubicin, Cyclophosphamid und Paclitaxel ist ebenfalls mit Haarausfall zu rechnen.

Allgemein gesprochen fallen Haare 1 bis 3 Wochen nach dem Beginn einer Chemotherapie aus

Wann fallen die Haare bei einer PEB-Chemo aus?

Bei der PEB-Chemo fallen die Haare am Ende des 1. bzw. am Anfang des 2. Zyklus aus. Das heißt 15 bis 20 Tage nach dem Start.

Meine Erfahrung: Bei mir sind die Haare kurz nach dem kompletten 1. Zyklus ausgefallen. Die letzte Zellgiftgabe gibt es am 15. Tag nach Beginn der Chemotherapie. Der Patient erhält zum 3. Mal Bleomycin. In diesem Zeitraum hat bei mir der Haarausfall begonnen. Der Haarausfall hat 2 bis 4 Tage gedauert.

Was passiert genau: Ihr müsst euch vorstellen, dass ihr irgendwann aufwacht und plötzlich sind Haare auf dem Kissen. Außerdem habt ihr Haare in der Hand, wenn ihr euch beim Waschen über den Kopf fahrt. Trotzdem heißt das nicht, dass ihr sofort kahl seid.

Es fallen auch nicht alle Haare sofort aus, sondern es bilden sich immer mehr lichte Stellen. Die meisten schneiden in dieser Zeit ihre Haare selbst ab, weil dadurch eine kontrollierte Glatze entsteht.

Ich habe meine Haare am 18. Tage auf 3 Millimeter gestutzt. Danach sind die Haare immer weiter ausgefallen.

Die Haare wachsen zwar nicht nach in der Chemo-Phase, trotzdem hatte ich noch vereinzelte, sehr kurze Haare auf dem Kopf.

Zur Körperbehaarung: Zusätzlich wurden meine Wimpern und Augenbrauen im 3. und 4. Zyklus deutlich dünner und mein Bart ist nicht nachgewachsen. Für mich war das sehr praktisch, weil es die Körperpflege im Krankenhaus erleichtert hat. Ich habe eine schwache Körperbehaarung, vermutlich wegen meinem Testosteronmangel. Daher ist nichts ausgefallen, es ist aber auch nichts gewachsen in dieser Zeit.

Ist der Haarausfall permanent? Wie sind die Haare nach der Chemo?

Nein! Die Haare wachsen ist fast allen Fällen wieder nach. Allerdings kann es beim Nachwachsen der Kopfhaare zu einer Veränderung der Haarstruktur kommen. Bei mir haben sich die Haare sehr weich angefühlt, fast wie Babyflaum. Außerdem hatte ich leichte Locken und mehr graue Haare nach der Chemotherapie. Bei Freunden hat sich auch die Haarfarbe geändert.

Andere haben berichtet, dass die Haare nach der Chemo sehr dünn sind und, wie bei mir, weißer bzw. grauer werden. Bis auf die graue Farbe sind das meist aber nur temporäre Effekte.

Die Krebspatienten müssen also nur „ein wenig“ Geduld haben.

Natürlich kann diese Geduld faktisch aber Jahre anhalten, wenn eine Frau ihre langen Haare verloren hat. Diese kann durchaus ein emotionales und belastendes Thema sein. Mit zeitlicher Distanz zur Chemotherapie wird dies aber besser, weil sich die meisten an den neuen Look gewöhnen. Problematischer ist oft die Phase der totalen Glatze. Auf die psychologischen Auswirkungen gehe ich weiter unten ein.

Wann wachsen Haare wieder nach (Fotos)?

Diese Frage kann keiner genau beantworten, weil sie von der Stärke der Chemotherapie und den individuellen Faktoren abhängt. Die Haarwurzeln regenerieren relativ schnell.

Bei mir sind nach etwa 3-4 Wochen die Haare nachgewachsen. Nach zwei Monate hatte ich einen Kurzhaarschnitt. Das erste Mal beim Frisur war ich nach 4 Monaten. Da waren die Haare etwa 15-20 Millimeter lang. Es dauert also ein wenig, aber der Zeitraum ist zumindest mit Männern, die vorher kurze Haare hatten, überschaubar.

Ich habe ein paar Bilder während meiner Chemo-Behandlung angehängt. Damit könnt ihr den Zeitverlauf des Haarverlustes verfolgen:

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Foto: Meine Haare am 1. Tag der PEB-Chemotherapie
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Foto: Meine Haare am Ende der PEB-Chemotherapie (nach 84. Tag)
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Foto: Meine Haare 2 Monate nach dem Ende der PEB-Chemotherapie

Das waren die Fotos meiner Haare nach der Chemotherapie. 4-5 Monate später waren sie recht flauschig, wie Babyhaare und ein wenig grauer. Das hat sich nach dem ersten Friseurtermin aber wie gelegt. 

Meine Chemotherapie war Mitte Februar, die Chemo ging bis Anfang Mai und beim Friseur war ich Ende August das erste mal wieder. Es war schon ein spannender Moment 🙂 

Exkurs: Haarausfall und die Psyche

Der Haarausfall ist das sichtbarste Zeichen einer Krebsbehandlung. Der Patient schaut in den Spiegel und weiß, sein Körper hat sich verändert, der Körper ist Belastungen ausgesetzt. Diese tägliche eigene Konfrontation mit der Krankheit kann schwierig sein.

Ich selbst habe die Glatze bei mir nicht als sehr negativ wahrgenommen. Durch den Haarausfall musste ich mich ein paar Monate nicht um Bart oder Haarwuchs kümmern. Das ist sehr praktisch im Krankenhaus.

Allerdings fühlte ich mich bei dem Blick in den Spiegel doch von meinem früheren „Ich“ entfremdet und krank. Es ist eben keine ausgesuchte Frisur, sondern eine aufgezwungene Haarpracht. Als die Haare langsam wieder nachgewachsen sind, hat mir diese kurze Frisur sogar gefallen. Heute würde ich aber keine Glatze mehr wollen.

In der Reha habe ich einige Personen getroffen, für die die Glatze und die Haar-Veränderung eine große psychologische Herausforderung dargestellt haben. Es waren vor allem Frauen. Es wirkte so, als ob ihnen die Identität geraubt worden wäre und sie erst ein neues Selbstbewusstsein aufbauen mussten. Haare können ein emotionales Thema sein. Es geht um das eigene Spiegelbild und das eigene Aussehen, während man von der Krankheit gezeichnet ist.

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Kontaktiere mich unter: patrick@krebskrampf.de.

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