Hochdosis-Chemotherapie bei Hodenkrebs: Wie gefährlich ist die Therapie und wie läuft sie ab?

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Dieser Artikel geht auf die Hochdosis-Chemo bei einer Hodenkrebsbehandlung ein. Dieser Behandlungsschritt ist selten und hat es in sich. Daher möchte ich aus Patientenperspektive darüber berichten.

Vorweg möchte ich anmerken, dass ich nur 4 Zyklen PEB-Chemotherapie hatte und keine Hochdosis durchlaufen musste. Ich kenne aber einige, die diesses Verfahren durchlaufen haben.

Was ist die Hochdosis-Chemo bei Hodenkrebs?

Die Hochdosis-Chemotherapie beinhaltet die Verabreichung von sehr hohen Dosen von Chemotherapie-Medikamenten, die darauf abzielen, Krebszellen zu zerstören.

Diese höheren Dosen schädigen gesunde Zellen im Körper, insbesondere diejenigen, die sich schnell teilen, wie zum Beispiel die Blutzellen im Knochenmark.

Um die negativen Auswirkungen auf das Knochenmark zu mildern, kann nach der Hochdosis-Chemotherapie eine Stammzelltransplantation durchgeführt werden. Dabei werden dem Patienten gesunde Stammzellen entnommen, bevor die Hochdosis-Chemotherapie durchgeführt wird, und nach der Behandlung wieder in den Körper zurückgeführt, um das Knochenmark zu regenerieren.

Einer dieser negativen Effekte ist die zeitweilige Zerstörung der weißen Blutkörperchen, weil diese im Knochenmark gebildet werden. Das Immunsystem fährt fast vollständig runter und wird durch Rückführung eigener Stammzellen wieder aufgebaut.

Die Hochdosis-Chemotherapie wurde ab den 1980er Jahren gegeben, wenn alle Verfahren vorher versagt haben. Sie konnte auch in einem späten Stadium den Krebs zurückdrängen und besiegen. Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26730267/

Wann wird diese Therapie angewendet?

Die Hochdosis wird nur in einem fortgeschrittenem Stadium gegeben, wenn andere Therapie, wie die Hodenentfernung, die PEB-Chemotherapie oder die RLA-Operation nicht ausgereicht haben.

Außerdem wird das Verfahren nach einem Rezidiv und bei Knochen- oder Hirnmetastasen angewendet. Beides sind aber seltene Fälle.

Die genaue Vorgehensweise hängt von der individuellen Situation des Patienten und den Empfehlungen des behandelnden Arztes ab.

Die Hochdosis-Therapie erfolgt in der Regel nach der Erstlinientherapie, die bei Hodenkrebs die Hodenentfernung und eine PEB-Chemotherapie ausmacht.

Erstlinientherapie bedeutet, dass diese Behandlungsformen als erstes angewendet werdne und eigentlich gute Erfolgssaussichten haben. Erst wenn diese Therapien nicht anschlagen oder ein Rückfall passiert, kommen heftigere Therapieformen hinzu. Dazu gehört die Hochdosis.

Manchmal spricht man auch von einer Salvage-Chemotherapie (= Rettungs-Chemotherapie), weil sie einer der letzten, nicht experimentellen Schritte der Behandlung ist.

Weitere Schritte könnten je nach Fall eine Mono-Chemotherapie mit Gemcitabin, Paclitaxel oder Oxaliplatin beinhalten. Außerdem gibt es auch Forschungsgruppen zu Immuntherapie mit CAR-T Zellen. Ich will hier aber wiederholen, dass so etwas bei Hodenkrebs sehr selten vorkommt.

Wieso Stammzellentransplantation?

Die Transplantation ist unumgänglich, da bei der Hochdosis-Chemotherapie nicht nur die Tumorzellen, sondern auch das Knochenmark angegriffen wird, was nach der Behandlung wiederhergestellt werden muss. Hierfür werden Spritzen verwendet, um die Stammzellen über einen Venenkatheter in den Körper zu leiten. Es gibt zwei Verfahren, die den Ärzten zur Verfügung stehen: a) Bei der autologen Stammzelltransplantation werden deine eigenen Stammzellen verwendet, um das Knochenmark zu ersetzen. Das minimiert auch die Nachfolgerisiken. b) Bei der allogenen Stammzelltransplantation werden fremde Stammzellen verwendet, um das Knochenmark zu regenerieren. Dieses Verfahren wird bei Leukämie angewendet und hängt oft von einem passendem Spender ab.

Bei der Hochdosis-Chemotherapie bei Hodenkrebs kann zum Glück die autologe Stammzelltransplantation angewendet werden.

Was beinhaltet diese Chemotherapie?

Wichtig ist zu wissen, dass die Hochdosis oft bei einem Rezidiv angewendet wird, oder wenn die PEB-Chemotherapie nicht alles vernichtet hat. Daher entählt die Hochdosis oft nur zwei Medikamenten: Carboplatin und Etopsoid (CE) gegeben.

Eine Variante wäre eine stärker dosierte PEI-Chemotherapie mit: Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid.

Fälle für eine Hochdosis-Chemo bzw. weitere Behandlungsschritte nach der ersten PEB-Chemotherapie werden immer an Hodenkrebszentren durchgeführt werden, weil nur hier genug Erfahrung vorhanden ist. Es ist auch durchaus sinnvoll, sich eine Zweitmeinung einzuholen.

Wie läuft die Hochdosis-Therapie ab?

Vor eine Hochdosis-Therapie werden oftmals ein Zyklus PEI-Chemo verabreicht. Dadurch soll die Produktion von Stammzellen angeregt werden. Durch einen Bluttest kann herausgefunden werden, wann dies der Fall ist. Danach werden die eigenen Stammzellen gesammelt und aufbewahrt.

Erst dann beginnt die wirkliche Hochdosis. Hodenkrebs-Patienten mit denen ich gesprochen habe, hatte oftmals 2 bis 3 Zyklen.

Ein Zyklus wird immer stationär und nur auf onkologischen Stationen mit Isolationseinheiten gegeben, weil das Infektionsrisiko sehr hoch ist. Ein Zyklus bedeutet, dass der Patient 5 Tagen über einen Port oder Venenkatheter die hoch dosierte Chemotherapie erhält.

Ein bis drei Tage nach der Gabe der Hochdosis-Chemotherapie werden Blutkonserven mit den Stammzellen des Patienten verabreicht. Sie kehren ins Knochenmark zurück und vermehren sich dort rasch. Dadurch soll die Leukopenie schneller überwunden wird. Das Immunsystem wird wieder aufgebaut.

Dieser Prozess wird in jedem Zyklus neu durchgespielt. Sprich: Erst gibt es 5 Tage Hochdosis, dann am 6-7 Tage Stammzellen.

Wie lange ein Zyklus dauert, ist nicht ganz festgelegt, weil anders als bei der PEB-Chemotherapie mit 21 Tagen, die Regenrationszeit bei einer Hochdosis deutlich länger sein kann. Daher können einige Wochen bis zur nächsten Gabe vergehen.

Der ganze Prozess des Wiederaufbaus des Immunsystem kann oft drei bis vier Wochen dauern.

Wie gefährlich ist die Hochdosis-Therapie?

Eine Hochdosis-Chemotherapie ist belastender als eine normal dosierte Chemotherapie und auch mit deutlich mehr Nebenwirkungen behaftet.

Bei der Hochdosis-Chemotherapie ist ein mehrwöchiger Krankenhausaufenthalt erforderlich, begleitet von speziellen Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz vor Infektionen. Der Patient befindet sich in einem Isolierzimmer. Er und Menschen die Kontakt haben, müssen Mundschutz und Infektionsanzüge tragen

Etwa zehn bis zwölf Tage nach der Stammzelltransplantation wird die kritischste Phase überwunden und das Knochenmark erholt sich ausreichend, um wieder genügend Blutzellen zu produzieren. Davor ist auch die Neuproduktion von Blutwerten (Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten) reduziert. Deshalb erhält der Patient Medikamente, die die Produkt anregen und manchmal sogar Bluttransfusionen.

Bis sich dein Körper sich erholt hat, dauert es aber deutlich länger als bei einer PEB-Chemotherapie. Die Regenrationszeit kann bis zu einem Jahr belaufen.

Die Letalität dieser Therapie liegt bei optimaler unterstützender Behandlung bei etwa 1-2%, abhängig vom Krankheitsstadium und den Begleiterkrankungen des Patienten. Studien haben gezeigt, dass bei bestimmten Behandlungsprotokollen die Gesamtletalität höher sein kann (4%).

Diese strukturierte Version des Artikels fasst die wesentlichen Informationen über die Nebenwirkungen und Risiken der Hochdosis-Chemotherapie zusammen, bietet jedoch auch eine klare Gliederung für den Leser.

Am Ende möchte ich einige Studien benennen:

  • Diese Studie ist schon aus den 90er Jahren und zeigt die Behandlungserfolge bei 65 Patienten. 57% hatten danach keinen Hodenkrebs mehr. Die Studie sagt, dass die „Toxizität“ verkraftbar ist. Diese Studie ist allredings schon älter und aus den USA: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11013274/
  • Die Hochdosis kann als Zweit- oder Drittlinientherapie erfolgreich angewendet werden, wenn alle Maßnahmen vorher nicht geholfen haben. Natürlich sinkt die Überlebensrate. Das hängt aber damit zusammen, dass der Krebs oft weiter fortgeschritten ist oder an ungünstigen Stellen metastiert hat https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27870561/ die Zwei-Jahres-Überlebensrate lag bei 60 bis 66%

Welche Nebenwirkungen oder Komplikationen kann es geben?

In der Regel dauern die Nebenwirkungen länger und sind stärker als bei anderen Chemotherapie. Leider gibt es wenig Studien von Hodenkrebspatienten mit Hochdosis. Daher sind statistische Aussagen schwierig.

Bei der Hochdosis-Chemotherapie mit Stammzelltransplantation vergehen einige Tage, bis die transplantierten Stammzellen eine ausreichende Produktion an Blutzellen erreichen. Während dieser Zeit kann es aufgrund der reduzierten Anzahl reifer Blutzellen zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen.

Hämatologische Nebenwirkungen: Die Verzögerung der Blutzellproduktion führt zu einer starken Panzytopenie (Verminderung von roten und weißen Blutkörperchen), was die Anfälligkeit für Infektionen erhöht. Bis zu 65% der Patienten erleiden Infektionen, die eine sofortige Breitband-Antibiotikatherapie erfordern. Zudem treten häufig Anämien und Thrombopenien auf, die oft Bluttransfusionen notwendig machen. Das kann zu innern oder äußeren Blutungen führen oder eine Thrombose auslösen.

Nicht-hämatologische Toxizität: Abgesehen von hämatologischen Nebenwirkungen führen die eingesetzten Zytostatika regelmäßig zu nicht-hämatologischen Problemen. Dazu gehören Mundschleimhautentzündungen (Mukositis) und gastrointestinale Beschwerden (Magen-Darmprobleme, wie Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Durchfall oder Verstopfung), die unter Umständen eine vorübergehende parenterale Ernährung erfordern. Das heißt, der Patient wird kurzzeitig über den Port mit Nahrung versorgt. Ich kenne auch Personen, denen sowas passiert ist.

Gerade die Schleimhäute im Mund, Rachen und auch im Afterbereich werden sehr stark angegriffen. Daher kann es zu Pilzbefall an diesen Stellen kommen oder es entwickeln sich Entzündungen, die mit verschiedenen Hilfsmitteln und Medikamenten behandelt werden.

Zusätzlich können sich Herz-Kreislaufprobleme langfristig entwickeln und die Chance auf andere Krebstypen, wie sekundäre Leukämie, könnne steigen.

Zusammenfassung

Ich möchte hier noch einmal betonen, dass das Thema Hochdosis, sehr speziell ist und unbedingt von Spezialisten abgeklären werden sollte. Es ist eine Therapie, die bei schwierigen Fällen angewendet wird und nicht ohne Risiken ist. Trotzdem kann auch mit dieser Methode der Krebs aktiv besiegt werden.

Bitte sprecht eure behandelnden Ärzte und Ärztinnen an und holt euch eine Zweitmeinung, wenn ihr unsicher seid.

  • Die Hochdosis-Chemotherapie bei Hodenkrebs ist eine seltene und intensive Behandlungsmethode, die darauf abzielt, Krebszellen zu zerstören.
  • Um die negativen Auswirkungen auf das Knochenmark zu mildern, wird oft eine eigene (autologen) Stammzelltransplantation durchgeführt.
  • Die Therapie wird in fortgeschrittenen Fällen oder bei mangelndem Ansprechen auf herkömmliche Behandlungen angewendet und erfordert einen mehrwöchigen stationären Aufenthalt mit speziellen Vorsichtsmaßnahmen gegen Infektionen.

Hast du Fragen zum Thema Hodenkrebs?

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