Wie geht es mir 2 Jahre nach meiner Chemotherapie?

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Vor zwei Jahren habe ich meine PEB-Chemo beendet. Das genaue Datum war der 02.05.2018. Deshalb möchte ich auch in meinem zweiten Jahr nach der überstandenen Hodenkrebs-Erkrankung einen weiteren Wasserstand präsentieren.

Hier erfährst du mehr über den Beginn meiner Geschichte:

SO HAT ALLES BEGONNEN

Wie geht es mir?

Bevor ich in die Details einsteige, will ich noch etwas loswerden:

1. Durch die Corona-Krise ist zurzeit überall ein wenig „Ausnahmezustand“. Daher lag mein Fokus in den letzten Monaten nicht wirklich auf Krebs bzw. dessen Nachwehen.

2. Im letzten halben Jahr habe ich relativ wenig neue Erfahrungen mit der Nachsorge gemacht. Ich hatte mir vorgenommen in diesem Blog über meine persönlichen Erfahrungen zu berichten. Daher bin ich ein wenig still geworden. Zusätzlich ist der Alltag wieder zurück und ich bin immer noch krebsfrei.

3. Wenn ihr wegen der aktuellen Situation krebsspezifische Fragen zu Covid-19 habt, verweise ich euch auf die Infoseite der deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs.

Mein Kopf

Im Moment weiß ich gar nicht, was ich schreiben soll. Ich bin ein wenig leer, weil ich keine neuen Erfahrungen im Umgang mit dem Krebs gemacht habe. Darüber bin ich ehrlich gesagt froh, weil die Behandlung sehr anstrengend war. Gleichzeitig kann ich euch wenig Neues berichten.

Ich habe gemerkt, dass ich einige Vorsätze nicht ganz einhalten konnte und sich mein Leben ähnlich anfühlt wie vorher mit einer Ausnahme: Meine Arbeitsreduktion auf 32-Stunden und der Versuch mehr zu entspannen. Das gelingt mir Mal, mehr Mal weniger.

Außerdem habe ich das Gefühl, dass mich meine Krebserfahrung auf die mentale Herausforderung des Lockdowns im Zuge der Corona-Pandemie vorbereitet hat.

  • Die Entschleunigung der Arbeit und des Leben,
  • der Fokus auf Gesundheit und
  • bestimmte Sicherheitsmaßnahmen (Mundmasken),

habe ich alle schon während meiner dreimonatigen Chemo vor 2 Jahren erlebt. Daher fühlt sich die gegenwärtige Situation nicht fremd an.

Ich habe damals gelernt, dass Geduld eine wichtige Tugend ist. Noch bin ich kein Meister in dieser Fähigkeit. Ich weiß aber, dass die Zeit in der Regel doch viel glättet. Daher muss ich doch über die ein oder andere Argumentation schmunzeln, wenn Mitmenschen nach 2 Monaten durchdrehen.

Natürlich mache ich mir ebenfalls (zu viele) Sorgen über die wirtschaftlich/politische Situation und ich hatte einige Anflüge von Hypochondrie und Krankheitsängsten. Mit diesen Gedanken bin ich in dieser außergewöhnlichen Krisensituation allerdings keine Ausnahme und ich kann damit umgehen.

Hier erhältst du weitere Infos zum Thema Hodenkrebs:

Wie gefährlich ist Hodenkrebs?

Mein Körper

Ich hatte Ende April/Anfang Mai meine letzte Nachsorge-Routine absolviert. Sowohl die Tumormarker, als auch das MRT vom Bauch waren unauffällig. Das Röntgen meiner Brust zeige ebenfalls keine Flecken. Das hat mich gefreut.

Ich war diesmal nicht sehr aufgeregt, weil sich mein Körper „okay“ anfühlt. Dank der Nähe des Kühlschranks zu meinem Home-Office-Arbeitsplatzes nehme ich zwar zu, trotzdem läuft es im Moment halbwegs.

Daher möchte ich den Patienten, die gerade in Behandlung sind, folgendes mitteilen: Dein Körper mag sich „Scheiße“ anfühlen. Wenn deine Hodenkrebs-Therapie anschlägt, hast du gute Chancen, dass sich dein Körper wieder regeneriert.

Dieses Jahr werde ich noch eine allgemeine Untersuchung durchführen, um die anderen Blutwerte und die Herzaktivität zu checken. Ich will auf Nummer sicher gehen.

Ich habe schon öfter von Fatigue und Müdigkeit gesprochen. Dieses Phänomen ist immer noch da, hat sich allerdings abgeschwächt bzw. verbessert. Durch meine Heimtätigkeit ist die Arbeit weniger stressig geworden. Der Sport läuft besser. Ich habe vor der Corona-Krise sogar mit Bouldern begonnen. Dadurch spüre ich die Müdigkeit weniger.

Mein Gewicht habe ich länger nicht mehr gemessen. Ich wiege aber sicher mehr als 95kg bei 2 Meter. Wie oben erwähnt, merkt mein Körper was gerade in der Welt vor sich geht und ich liebe Pizza zu sehr…

Daher werde ich ein wenig gegensteuern müssen. Die verlorenen Pfunde nach der Chemo sind schon lange wieder drauf.

Wenn ich ehrlich bin, hat sich meine Einstellung gegenüber Sport und Ernährung nach der Krebsbehandlung nicht sonderlich geändert. Ich sehe in Essen unterbewusst eine Maßnahme zum Stressabbau und genieße sehr gerne. Das war schon vorher so.

Anhaltende Nebenwirkungen der Chemotherapie

Die gute Nachricht: Es gibt wenig bekannte und anhaltende Nebenwirkungen meiner PEB-Chemo.

  • Mein sekundäres Raynaud ist im Winter oder bei Kälte immer noch vorhanden. Durch Nervenschäden während der Chemotherapie, werde meine Fingerspitzen weiß und taub.
  • Die oben beschriebene Müdigkeit wird nach 2 Jahren besser.
  • Ich habe keinen Eisenmangel mehr und meine letzten Blutwerte aus dem November 2019 waren ebenfalls im Normalbereich (HB, Leukos).
  • In einem anderen Artikel hatte ich von meinem leichten Testosteronmangel gesprochen. Dagegen bin ich mit Testo-Creme und Testosteronspritzen vorgegangen. Im März 2020 waren meine Werte im mittleren Normbereich  21.68 nmol/l (Normalwert:12.1 – 37.1). Leider hat der verbesserte Testosteronspiegel meine leichten Erektionsprobleme nicht verschwinden lassen.

Mein Fazit

Zwei Jahre nach meiner Chemotherapie kann ich nur bestätigen: Der Krebs und die Verräterzellen sind besiegt.

Ich bin wieder im Alltag angekommen und beschäftige mich mit Hobbies, Arbeit und den weltlichen Problemen. Vor einem Jahr hatte ich geschrieben:

Das letzte Jahr hatte auch positive Seiten: Ich habe einiges über mich gelernt. Ich weiß nun immer mehr, welche Probleme ich anpacken muss. Die Krankheit hat den Blick auf mein Leben geschärft.

Diese Aussage gilt immer noch. Leider merke ich, wie dieser Lerneffekt nicht immer mein Leben bestimmt. Das ist eine Sache an der ich weiter arbeiten will.

Wie immer möchte ich einen Gruß an alle Krebskämpfer und Krebskämpferinnen richten. Vor allem Tina und Christoph will ich erwähnen und ich denke an sie 🙂 Ich hoffe ihr könnt die Mai-Sonne genießen. Bevor die nächsten Schritte anstehen.

Außerdem hat hoffentlich die gesamte Gesellschaft in der aktuellen Situation gemerkt, wie wichtige ein gutes Gesundheitssystem, Ärzte, Pflegepersonal und medizinische Mitarbeiter sind. Daher ging mein Dank schon immer an diese Menschen, weil sie mir damals das Leben gerettet haben.

Wenn du persönliche Fragen hast, kannst du mich gerne unter patrick@krebskrampf.de anschreiben

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4 Gedanken zu „Wie geht es mir 2 Jahre nach meiner Chemotherapie?“

  1. Vielen Dank für die ausführlichen Informationen zur Port-Implantation. Mein Mann hat Darmkrebs und es steht ihm eine Chemo bevor. Vor dem Port hat er ziemlich Angst.

    Antworten
    • Die Portsache ist überhaupt nicht schlimm. Selbst die Implementierung ist eigentlich kein großes Ding. Ich drücke die Daumen, dass alles klappt und vor allem die Chemo anschlägt

      Antworten
  2. Das mit dem Port kann ich bestätigen, der Eingriff dauert 20-40 Minuten und nach ca. 2 Wochen merkt man nur wenn die Nadel für die Chemo reingestochen wird, dass da überhaupt ein Port ist (oder halt wenn man die Stelle anfasst, aber nur mit desinfizierten Händen).

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    • Hallo Wilhelm. Danke für die Information.

      Es gibt halt die Debatte ob der Port die Thrombose fördert und ich kenne Leute die jahrelang einen Port hatten, der sich entzündet hat. Der Post kann definitiv Komplikationen verursachen. Aber gerade bei einer PEB-Chemo und kurzer Anwendung ist hilfreich und ich würde ihn wieder benutzen, weil es andere Methoden Probleme verursachen.

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