Chemo Tag 24: Zustände

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Heute ist Freitag der 09.03.2018 und ich liege immer noch im Krankenhaus. Es läuft aber nach Plan. Ich war heute im Virchow Klinikum im Wedding. Dort haben wir nochmal das Stammzellensammelverfahren besprochen. Hierbei werden mir ein paar Tage nach dem Zyklus (der am Sonntag rum ist) Neupogen Spritzen gegeben. Die Spritzen regen die Bildung von Stammzellen im Knochenmark an. Wenn genug Stammzellen im Blut vorhanden sind, werden diese über einen Zugang gesammelt und eingefroren. Die Stammzellen dienen dann als Sicherheitsgarantie nach einer Hochdosischemo. Dadurch kann mein Immunsystem wieder neugestartet werden. Ich hoffe natürlich immer noch, dass wir keine Hochdosis brauchen.

Was passiert sonst so? Der mentale Zustand verändert sich. Daher will ich die Zustände ein wenig vergleichen. Ich merke, dass ich im Krankenhaus deutlich müder bin als Zuhause. Das hängt natürlich stark von der Chemogabe ab, aber liegt sicher auch an der Gesamtsituation. Außer rumliegen kann man nicht viel machen, wenn man dauernd an einem Tropf angeschlossen ist. Daher fühle ich mich auch ein wenig in einer Dauermüdigkeit gefangen und das Ifosfamid geht definitiv auf das Gehirn. Alles fühlt sich stumpfer an und ich verliere ein wenig das Zeitbewusstsein. Die Zeit vergeht aber nicht langsam, weil dann doch immer alle paar Stunden eine Chemo ausgewechselt werden muss oder ein Termin ansteht. Diese ganze Geschichte fühlt sich an wie ein Marathon.

Zuhause hingegen versuche ich jeden Tag deutlich intensiver zu genießen: Gutes Essen, Hobbies einbauen (Lego bauen, Meditieren), Spazieren gehen. Das führt wieder zu einer tieferen Entspannung und man lebt aktiver und intensiver im Hier und Jetzt. Die Sachen machen Spaß.

Anschließend musste ich gestern noch ein wenig an die Arbeit und Zukunftssorgen denken, weil das Leben danach auch weitergeht. Ich mache mir Gedanken, welchen Einfluss diese Krankheit auf die Karriere und auf das Geld hat. Natürlich sollten das im Moment nachrangige Sorgen sein, aber trotzdem muss ich immer mal wieder daran denken. Zusätzlich stellt sich die Frage, welche Werte nach so einer Erfahrung wichtiger werden oder ob ich genauso weitermache wie bisher. Und dann plötzlich rege ich mich über Alltagsprobleme auf, die mir gerade egal sein könnten.

Eigentlich sollte ich erstmal alles auf mich zukommen lassen und gelassen bleiben. Aber das ist oft leichter gesagt als getan. Krebs ist ein Kampf mit seiner eigenen Person und den Unsicherheiten im Zuge der Erkrankung und der Behandlung. Somit ist es definitiv auch eine mentale Herausforderung. Das normale Leben wird einfach unterbrochen und geht doch weiter.

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