Der Krebs vs. das Leben: Round 2

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Heute ist der 12.11.2018 und es ist ein wichtiger Tag für eine gute Freundin. Deshalb wollte ich ihr zu Ehren ein paar Worte schreiben. Das Thema ist mal wieder nicht lustig, aber wann macht Krebs schon Spaß. Es wird hier nicht um Details gehen, sondern um „Unvorstellbares“.

Der Kopf

Wenn ein Körper von Verräterzellen befallen ist, können diese vielfältige Schmerzen auslösen. Zusätzlich können die Operationen und die weiteren Behandlungen allerlei Schabernack mit dem Körper anstellen. Ich benutze absichtlich ein verniedlichendes Wort, weil wir alle wissen, dass die potentiellen Nebenwirkungen und Folgen einfach Scheiße sind. Die Schmerzen sind aber nur eine Folge der Erkrankung.

Der wahre Gegenspieler dieser Krankheit ist der „Kopf“. Damit meine ich das Bewusstsein und die eigenen Gedanken. Der eigene Körper verändert sich und der Kopf muss damit klar kommen. Bestimmte Sachen passieren einfach. Die Verräterzellen sagen nämlich nicht: „Hey ich bilde jetzt Metastasen“. Sie machen das einfach, während der Kopf damit beschäftigt ist, sich zu fragen:

  • Was ist mit mir los?
  • Woher kommt dieses Picken oder der Schwindel?
  • Wann soll ich zum nächsten Arzttermin und muss ich da überhaupt hin?

Diese Gedanken können sogar gefährlich werden, wenn die Angst vor der Diagnose dieser Signale zu einer Lähmung führt oder Alltagsprobleme stärker priorisiert werden. Man will schließlich funktionieren.

Gleichzeitig muss der Kopf sich auch um das weitere Leben kümmern. Die durch Krebsdiagnose oder Behandlung ausgelösten Sorgen, sind nämlich bei weitem nicht die einzigen Gedanken. Der Kopf ist auch dafür zuständig sich zu fragen, was macht der Rest der Welt. Wie geht es Familie und Freunden, was muss ich einkaufen oder was machen wir an Silvester. Diese Fragen wirken manchmal banal, aber wer will angesichts gefährlicher Situationen nicht auch einfach in seinen banalen bzw. normalen Alltag zurück. Das Akzeptieren der Veränderung durch den Krebs oder seiner Konsequenzen ist nicht leicht. In manchen Fällen kann es sogar zum Horrortrip werden. Vor allem wenn zu viel auf dem Spiel steht: Das eigene Leben, das Wohl der Familie oder die eigene Vergangenheit.

Der Kopf und die Gedanken springen dann hin und her. Hüpf Hüpf! Gerade wenn man gezwungen ist, ohne echten Schlaf eine ganze Nacht lang an die Decke zu schauen.

Aber auch in ganz normalen Situationen mit anderen Menschen fängt das Kopfkino an. Es ist eine Mischung aus Verdrängen, spaßigen Momenten, ersehnter Zukunftsplanung und totaler Angst alles zu verlieren,  Dauerchaos im Kopf quasi. Es laufen Filme ab, aber eigentlich weiß keiner genau, wie es sich anfühlt. Worte können das auch nicht wirklich beschreiben. Es ist „unvorstellbar“ für nicht Krebsspastis und selbst ich komme an meine Erfahrungsgrenzen.

Mit all diesen Themen, muss sich der Kopf beschäftigen und zwar alleine. Andere Menschen können mit dem Patienten reden, ihn umarmen oder für ihn da sein. Es kommt aber immer der Moment, an dem der eigene Kopf alleine ist und sich diesem Dilemma stellen muss. Kein anderer kann dabei helfen, egal wie sehr sie sich das wünschen. Dann heißt es, „Ring frei für das Kopfkino“.

Übrigens ist der Krebs so hinterhältig, dass er auch die Köpfe von anderen Menschen angreift. Er muss dazu nicht einmal körperlich um sich greifen. Bei den Verwandten und Freunden löst er unterschiedliche Gefühle aus: Angst, Unsicherheit, Ärger, Aggression, Ohnmacht. Seine Waffen sind eine neue Diagnose, eine Operation oder einfach nur das „Abwarten“.

Kacke oder? Also ich weiß leider nicht, wie man das alles auflöst. Aber ich habe Dinge gesehen, die Brücken schaffen und die Halt geben können.

Die Gemeinschaft

Andere Menschen können einem die Bürde nicht abnehmen. Aber sie können einen motivieren, sie können einen an im Arm halten und sie können stützten. Alleine sein ist kacke. Dann dreht der Kopf durch und das Sortieren unmöglich ist.

Das ist keine neue Erkenntnis, aber es hilft ungemein, wenn man den Zusammenhalt bzw. die Hilfe der Familie hat oder wenn man weiß für wen man kämpft (drei tolle Kinder und seinen Mann). Blut ist bekanntlich dicker als Wasser. Natürlich läuft in der Familie nicht immer alles rund. Trotzdem ist sie für einen da und unterstützt wo es geht. Das gleiche gilt für die „erworbene Familie“, kurz die engen Freunde.

Ich selbst habe leider keine große Familie, aber ich konnte bei meiner Freundin sehen, wie gute Unterstützung aussieht. Das macht mich froh und bestärkt mich in dem Glauben, dass es doch ziemlich sinnvoll ist offen und freundlich zu seinen Mitmenschen zu sein. Man erntet immer das, was man sät. Das Rheinland scheint daher einen fruchtbaren Boden zu haben.

Das Lachen

Ich habe am Anfang vom Chaos im Kopf geschrieben. Das Chaos kommt garantiert. Es ist wie eine Naturgewalt. Dagegen helfen nur andere Mächte: Die Urgewalt der Komik.

„Lachen, was soll man denn sonst auch machen.“

Natürlich heilt lachen keinen Krebs. Aber komische Gedanken oder dauerndes Heulen fördern die Heilung eben auch nicht. Deshalb ist Lachen eine gute Ablenkung. Ich meine wie absurd ist es denn, wenn einem schon vom Tanzen schwindelig ist oder die Panthoprazol hingelegt werden, ohne Magen?

Nichtsdestotrotz ist das Lachen nur ein Teil der Verarbeitung. Das Rauslassen von Emotionen, auch das Weinen, ist sinnvoll und Teil des Prozesses. Denk nicht daran, was die andere Denken, sondern tue das wonach du dich fühlst. Eigentlich kann man in solchen Situationen recht wenig Fehler machen. Wer sollte einen denn auch verurteilen? Die gesunden Ärzte oder die Menschen ohne Metastasen? Das ist nun wirklich lachhaft.

Hier wären wir wieder beim Anfang. Am Ende ist man im Kopf alleine. Gerade deshalb ist es wichtig, sich selbst ernst zu nehmen. Es gibt Hilfsangebote und Familie&Freunde, aber den Kopf repariert einem keiner (außer ein guter Neurochirurg an der RWTH Aachen!). Spaß muss sein. Du weißt, was ich meine Kücken.

Ich habe bewusst nichts über das „Kämpfen“ geschrieben, weil ich weiß, dass diese Freundin motiviert ist und zu kämpfen weiß. Darüber mache ich mir keine Sekunde Sorgen.

Tina, wenn du diese Zeile liest, weißt du, dass der Chirurg nicht genießt hat!  Wonder-Mom ich wünsche dir nur das Beste. Die Beste biste sowieso.

Der Krebs vs. das Leben: Round 2 2

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